Donnerstag, 7. Januar 2010

Vorsicht Falle - das Webkino

Kino.to

 



Als mein Kind mir stolz berichtete, dass es auf kino.to tolle Filme zum kostenlosen download gibt, dachte ich mir schon, dass es mindestens illegal ist. Aber das dahinter vor allem Abzocke steckt, wird bei dem Versuch des Film-Downoads ziemlich schnell klar. Die aktuellen Plug-ins scheinen nie aktuell genug zu sein, sodass man auf eine Downloadseite für Adobe Flash, DivX und soweiter geleitet wird, die immer kostenpflichtig ist.

 



Deshalb schreibt der Spiegel online auch:

 

 

Vorsicht Falle

Warnung vor dem Web-Kino

 

Von Frank Patalong

 

Streaming-Seiten für raubkopierte Filme und TV-Inhalte gehören zu den populärsten Web-Angeboten. Deutsche Videofans lassen sich gern von Kino.to versorgen - und bekommen dabei oft mehr, als sie wollen: Der Verbraucherzentrale zufolge ist die Seite eine der schlimmsten Abo-Fallen im Web.

 

Unter deutschen Jugendlichen ist kino.to als Adresse nicht weniger bekannt als Google oder Wikipedia: Über kaum eine Web-Seite reden Schüler in der großen Pause öfter als über den Streaming-Aggregator, der seine meist jungen Fans mit raubkopierten Filmen und mitgeschnittenen TV-Inhalten versorgt.

 

Noch beschwichtigt die Content-Industrie hier, spielt das Ausmaß ihres Problems herunter. Die Abrufstatistiken von Kino.to zeigen aber klar, wie populär Streaming-Dienste mittlerweile sind. Einzelfilme kommen auf Millionen Abrufe, TV-Serien generieren bis zu 40 Millionen davon. Die Präferenzen zeigen klar, wer sich hier bedient: Die pubertäre Zielgruppe schätzt zurzeit vor allem den Siebziger-Jahre-Trash-Film "Ach jodel mir noch einen", der in mindestens vier Kopien vorliegt, die zusammen fast vier Millionen Abrufe generierten. Bei den TV-Serien ist nichts so beliebt wie "Scrubs" und die "Simpsons".

 

Seit einigen Monaten macht Kino.to allerdings mehr, als nur die deutsche TV-Landschaft um Video-on-Demand zu bereichern. Es bereichert sich auch selbst, mit Hilfe von Partnern und auf Kosten der Nutzer: Das ganze Angebot, sagt Martin Wieler von der Verbraucherzentrale in Siegburg, sei so etwas wie eine Abo-Falle. Derzeit drehe es sich in der Mehrzahl der Rechtsberatungen der Verbraucherzentralen um die Streaming-Seite. Noch haben die Verbraucherschützer keine zentrale Zählung, aber es gehe um Tausende von Fällen - jeden Monat.

 

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern

 

Denn so professionell die Seite auch aussieht, gehört sie natürlich zu den dunklen Hinterhöfen des Web-Marktes. Filmfirmen und Lobbyorganisationen wie die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) halten sie für illegal. Zumindest die Server, von denen die raubkopierten Inhalte zugefüttert werden, sind dies auf jeden Fall. Kino.to leistet hier als Aggregator zumindest Beihilfe.

 

Beizukommen ist den Betreibern aber kaum, obwohl die mit höchster Wahrscheinlichkeit in Deutschland sitzen: Die Adresse ist in Tonga registriert, die Server stehen in Russland. Da wird selbst die Identifizierung der Betreiber zur Detektivarbeit.

 

Entsprechend wenig Schamgefühl zeigt Kino.to bei der Auswahl seiner Geschäftspartner. Neben Werbung macht die Seite vor allem dadurch ihr Geld, dass sie teuren Dienstleistern Kundschaft zuführt.

 

Spätestens seit Herbst 2008 serviert Kino.to seinen Nutzern ganze Kaskaden von Werbebannern und Abo-Fallen, die gerade von jugendlichen Nutzern nicht immer als solche erkannt werden. Immer geht es darum, von den Usern entweder Einmalzahlungen zu erschleichen, oder sogar langfristige Verträge, die mit bis zu 96 Euro im Jahr zu Buche schlagen.

 

Die Methoden der Abzocker

 

Bei jedem Aufruf der Seite öffnen sich Werbefenster, ein hoher Prozentsatz davon kommt von sogenannten Fakeware-Anbietern: Darunter versteht man im günstigsten Fall Verkäufer, die per Werbebanner eine Virenverseuchung des Rechners vortäuschen und den Web-Nutzer so dazu bringen wollen, eine Software zu kaufen oder kostenlos herunterzuladen. Viele dieser Anzeigen sind Windows-Fehlermeldungen oder den Warnmeldungen von Virenschutzprogrammen nachempfunden.

 

Ganz dreist wird es, wenn die Trickbetrüger ihre vermeintlichen Schutzprogramme unter dem Namen etablierter Software anbieten und verkaufen. So berichtete News-Dienst Heise online im Februar, dass über Kino.to ein in Dubai registrierter Drittanbieter Gratisversionen von G-Data-Schutz-Software für 14 Tage zum Test anbot. So weit so gut - wenn der Download nicht mit dem Abschluss eines Zwei-Jahres-Abos über 316 Euro verbunden gewesen wäre.

 

Tückisch wird es auch schon, wenn man nur auf eines der kleinen Fehlermeldungswerbefenster klickt - denn oft führt das sofort zur Installation einer kleinen Software. Wenn man Glück hat, ist die nur nutzlos, nervt nur mit wiederholten falschen Fehlermeldungen. Oft aber ist es regelrechte Malware, die erst dafür sorgt, dass der Rechner verseucht wird. Der krönende Abschluss solcher windigen Angebote ist dann oft die Forderung nach einer zu zahlenden Summe oder einer Abo-Gebühr, um den Rechner wieder freizubekommen - ein Lösegeld, wenn man so will.

 

Andere Werbeformen sind die "alternativen Links" hin zu Express-Downloads, hinter denen sich kostenpflichtige Usenet-Dienste oder Filehoster verbergen. Wer hier zahlt, schließt wirklich ein Abo ab über eine echte Dienstleistung: Die allerdings dürfte in vielen Fällen illegal sein, auch für den Nutzer - auf jeden Fall aber zu teuer.

 

"Updates" und Plug-ins: die perfideste Falle

 

Fester Bestandteil der Seitenstruktur von Kino.to ist darüber hinaus eine "Werbeform", die besonders perfide und - laut Verbraucherzentralen - auch außergewöhnlich erfolgreich ist.

 

Jede Auswahl eines Videos führt zur Öffnung weiterer Werbe-Pop-ups, von weiteren Fenstern, aber auch von vermeintlichen Video-Fehlermeldungen. Denn das ist die häufigste Masche bei Kino.to: Das Angebot (und seine Partner) täuschen vor, dass dem Nutzer irgendein Plug-in fehlt zum Ansehen eines Filmes.

 

2. Teil: Was tun, wenn wirklich ein Vertrag zustande kommt?

 

Über Werbefenster wird der Nutzer zu Download-Seiten geführt, über die Produkte bekannter legaler Anbieter wie Adobe, DivX oder Veoh angeboten werden, die aber bei Anbietern wie Opendownload (mit Servern in Österreich und Firmensitz in Mannheim) liegen (siehe Bildergalerie).

 

Da wird dann beispielsweise der neue DivX-7-Player angepriesen - auch dann, wenn der Nutzer den schon installiert hat. Vor dem Download aber kommt die Registrierung - mit allen Adressdaten. Interessant ist das Kleingedruckte am Seitenrand. Ganz offen und ehrlich ist da zu lesen: "Lizenz: Freeware (Freeware ist Software, die vom Urheber zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt wird)".

 

Zu Deutsch: Dieses Programm ist gratis!

 

Darüber aber steht zart weiß auf Hellblau: "Durch Drücken des Buttons 'Anmelden' entstehen Ihnen Kosten von 96 Euro inkl. Mehrwertsteuer pro Jahr (12 Monate zu je 8 Euro). Vertragslaufzeit: 2 Jahre."

 

Vertrag ist Vertrag

 

Und ein Vertrag, sagt Martin Wieler von der Verbraucherzentrale, ist das zumindest aus Sicht der Firmen durchaus. Ob der allerdings wirklich rechtlich bindend ist, muss aus Sicht der Verbraucherschützer erst einmal geprüft werden. Wer volljährig ist und so etwas ausfüllt, es abschickt und dann noch bestätigt, hat jedenfalls ein Problem. Man sollte sich auf keinen Fall auf Bestätigungen, vorschnelle Diskussionen oder gar Zahlungen einlassen: Entweder, man widerspricht dem angeblichen Vertragsschluss in adäquater Form oder informiert sich besser noch erst, bevor man tätig wird.

 

Denn diese Serviceangebote sind nicht prinzipiell illegal: Das ist wie bei den Anbietern, die Geld für den Zugang zu eigentlich kostenfreien Wikipedia-Inhalten verlangen. Nur ihre Methoden sorgen dafür, dass sie den Verbraucherschützern immer wieder auffallen.

 

Oft landen die Betreiber vor Gericht, ohne dass dies viel ändert: Man kann niemanden daran hindern, heiße Luft zu verkaufen. Man kann nur beanstanden, wenn er dies mit unfairen oder illegalen Mitteln versucht.

 

So wurde die Content Services Ltd., der Betreiber von Opendownload, "wegen unangemessener Benachteiligung der Verbraucher durch AGB sowie fehlender Endpreisangabe abgemahnt. Zudem wurde ein Verfahren wegen der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern eingeleitet (...). Die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärungen wurde verweigert", heißt es weiter in einem Dokument der Verbraucherzentralen, "Unterlassungsklage in Vorbereitung".

 

Viele solche Prozesse enden damit, dass der Betreiber seine Seite umformuliert oder anders gestaltet. An den geschlossenen Verträgen ist nicht immer zu rütteln. Wichtig, sagt Wieler, sei es, dass man reagiert: Wenn man Chancen hat, vom Vertrag zurückzutreten, dann innerhalb enger zeitlicher Grenzen (Anleitung: siehe Linkverzeichnis).

 

Unproblematischer sind dagegen Verträge, die von Jugendlichen abgeschlossen werden - denn die dürfen das gar nicht. Auch hier aber gilt, sich einerseits nicht einschüchtern zu lassen, andererseits die Sache aber auch nicht einfach auszusitzen. Wieler: "Manche von denen versuchen es auch schon mal mit Mahnbescheiden."

 

Handeln muss man

 

Noch ist es nicht passiert, dass einer der Anbieter versucht hätte, so einen Bescheid auch bis zum Ende durchzudrücken - bis zu Vollstreckungsbescheid und Gerichtsvollzieher. Theoretisch denkbar aber ist es. Gefährlich könnte es werden, wenn Kinder oder Jugendliche beispielsweise verschweigen, dass ihnen da ein Malheur passiert ist.

 

Denn die schlimmsten Akteure aus der Finsterecke arbeiten mit Anwaltsbriefen, angedrohten Abmahnungen und sogar mit Einschüchterungen. Eltern hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt, als der Sprössling seinen Vertrag abschloss. Gerade bei Alleinerziehenden gebe es unbegründete Ängste vor auf diese Weise begründeten Verfahren, meint Wieler, die mitunter dazu führen könnten, dass jemand lieber zahle.

 

Man sollte also präventiv das Gespräch mit dem Nachwuchs suchen, bevor der erste Mahnbrief eintrifft: Von Jugendlichen geschlossene Verträge dieser Art lassen sich per Formbrief kündigen. Besser ist es, wenn es gar nicht so weit kommt: Schon Kinder müssen lernen, dass man Klarnamen und Adressen nicht einfach so im Internet angibt - und man illegale und bedenkliche Angebote im Web besser meiden sollte.

 

Quelle http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,617164,00.html

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